Paradise of Replica
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Informationen
Allgemeine Angaben
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Label: |
ReR |
Durchschnittswertung: |
15/15 (1 Rezension) |
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Besetzung
Haco |
Gesang, Volleyball (7), Tonbänder (8) |
Yosuke Isshiki |
Keyboards, Pinhammer-Klavier (5), Perkussion (2, 3, 6, 8) |
Masahiro Kitada |
Drummaschine und Keyboards (1, 5), Soroba (2), Schlagzeug (2, 3), Gitarren (3), Toms (6) |
Tadahiko Yokogawa |
Keyboards (1), E-Bass (6, 8), Perkussion (8, 9), Charango [südamerikanisches Lauteninstrument] (9) |
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Ichiro Inoue |
Perkussion (1, 3, 6), Indische Harfe (1), Yangqin [chinesisches Hackbrett] (1), Glockenspiel (2) |
Takumi Fukushima |
Violine (6-9) |
Kazumi Matsumura |
Violoncello (6-9) |
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Gastmusiker
Seiichi Kuroda |
Tung-Siao (4), Hichiriki [japanisches Doppelrohrblattinstrument] (7, 8), Perkussion (8) |
Hideaki Yamagata |
Schlagzeug (6, 8), Tamburin (8) |
Naoki Yamada |
Akustische Gitarren (8) |
Masakazu Kinoshita |
Melodica (2) |
Junji Naoe |
Klarinette (2) |
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Takaaki Miyazaki |
Tenorsaxophon (2, 4, 7) |
Shoichi Miyamoto |
Flöte (2, 4) |
Izumi Yae |
Oboe (2, 7, 8) |
Ryo Okuda |
Yangqin (1), Maultrommel (1), Perkussion (1, 8) |
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Tracklist
Disc 1 |
1. |
Paradise of Replica
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3:28
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2. |
A Walnut
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4:29
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3. |
Kitchen Life I
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2:07
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4. |
Motorcycle
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1:19
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5. |
Kitchen Life II
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1:23
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6. |
Ironclad Mermaid
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4:42
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7. |
Dancing Twins
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0:59
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8. |
KA-NO-PU-SU-NO-HA-KO
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7:54
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9. |
I'll just go birdwatching
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3:21
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10. |
Akai Kutsu no Ningyo [Red-Shoed Mermaid] (Pascal Plantinga)
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7:53
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11. |
Paradaisu [Imada Kuufuku] (Terre Thaemlitz)
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10:08
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12. |
A/B-ing the Bird (Skist)
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6:35
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13. |
Reflector (Joshua McKay)
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5:40
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Gesamtlaufzeit | 59:58 |
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Rezensionen

Nach ihrem Erstlingsalbum von 1983 haben After Dinner mit diesem Release qualitätsmäßig noch einmal beträchtlich zugelegt. Wer - etwa als Hardcore-RIO-Hörer - hierunter aber v. a. eine Zunahme von Schrägheit und Bizarrerie versteht, sei gewarnt: Das Gegenteil ist der Fall. Ebensowenig handelt es sich jedoch um eine Annäherung an gefälligen Mainstreamrock. Das Album wirkt feiner, ausgewogener und kultivierter als die "Editions", die klanglichen Experimente haben etwas abgenommen, werden dafür aber zielgerichteter eingesetzt. Deutlich zugenommen hat der Einfluß europäischer klassischer Musik, der sich sowohl in der Instrumentierung (Streicher, Holzbläser) als auch in Harmonik und Melodik niederschlägt (z. B. auf "Kitchen Life").
Nach der Anfangsnummer - eher eine Einleitung - folgt "A Walnut" - dieser Track baut auf einer kleinen Melodie auf, die zunächst von einer Art Hackbrett(?) begleitet wird. Wunderschön dann bei 0:21 der Wechsel vom vergleichsweise lebhaften Anfang zur lyrischen Fortsetzung (ruhige, "legato" gesungene Melodielinien und in der Begleitung Wechsel von den Hackbrettklängen zu Streichern und Holzbläsern). Ein ähnlicher Gegensatz findet sich noch einmal auf Track 6, wo bei 0:36 der angeswingte Reggae-Rhythmus kurzfristig und überraschend in eine ruhige Gesangs- und Streicherlinie (in mystischen Quintparallelen vorgetragen) mündet. - Was den hier diskutierten Track 2 betrifft, so wechselt im weiteren Verlauf die Tonart, und die Anfangsmelodie wird nunmehr in beschleunigtem Tempo vorgetragen. Grundlage bildet eine markante (Synth-)Basslinie. Am Schluss tritt allerdings wieder eine Beruhigung ein.
Bei "Kitchen Life" handelt es sich um einen melodisch-harmonisch geschmackvoll geschriebenen Walzer (keine Angst, keinesfalls eine Stilkopie der "schönen blauen Donau") mit merkwürdig neben dem Takt liegenden Schlagzeug- und Perkussionschlägen. (die recht freiformatig bis chaotisch spielende Drum/Perkussion-Sektion ist generell ein Kennzeichen von After Dinner.). Der Küchenwalzer wird unterbrochen von dem gesangszentrierten "Motorcycle", in dem Motorräder mit fliegenden Fischen verglichen werden (die - soweit man das aus der englischen Übersetzung entnehmen kann - charmant-bizarren Texte von After Dinner währen einer eigenen Rezension wert!) Am Anfang hört man hier Haco a capella - per Multitracking zu einem mehrstimmigen Satz vervielfacht -, später setzen Klavier, Streicher und Holzbläser ein – eine Rhythmussektion fehlt ebenso wie überhaupt ein durchgehender Beat. Das ganze wirkt sehr zart und zerbrechlich. Auf einer Art Cluster klingt der kurze Track aus, dann wird das Küchenleben noch einmal kurz wiederholt...
Schon angesprochen wurde Track 6 ("Ironclad Mermaid"), einer verswingten Reggaenummer, von Streichern kammermusikalisch unterstützt und mit dawischenklappernden Percussions gewürzt - letztere emanzipieren sich wiederum souverän vom Grundrhythmus - eisern die "1" und die "3" betont allerdings eine im Hintergrund laufende Drummaschine mit trashigen Electro-Drumsounds. Rhythmusbetonter Reggaestil einerseits, kammermusikalische Streicherlinien und der hauchzarte Gesang von Haco andererseits, dazu noch Akkordeon und perkussive "Gewürze" ergeben hier einmal mehr eine höchst aparte Mischung!
Track 7 ist wiederum ein kurzes Zwischenspiel mit Hacos Gesang über mehreren Saxophonen und dotzendem Volleyball. Letzterer wird von Haco selbst "bedient".
Bei KA-NO-PU-SU-NO-HA-KO handelt es sich um das einzige Stück auf der CD, dass nicht von Haco, sondern von Tadahiko Yokogawa komponiert wurde (die Lyrics stammen auch hier von Haco). Dieses Stück dürfte nicht nur wegen häufiger Quartenparallelen und anfänglicher Gongschläge (ab 0:37) wohl am meisten europäischen Vorstellungen von "asiatischer Musik" entsprechen. In der ersten "leisen" Gesangspassage (ab ca. 1:08) hört man neben sparsam eingesetzter Gitarre auch einige Instrumente, die dem Gagaku - der höfischen Musik Japans - entlehnt sind. Die Musik ist außerordentlich eindrucksvoll, die emotionale Wirkung sehr intensiv! Das gilt besonders im Hinblick auf die ekstatischen, wenn nicht rauschhaften "Tutti"-Passagen, etwa bei 2:50. "I´ll just go birdwatching" ist im Gegensatz dazu wieder ein zartes, feines Kammermusikstück nach dem Muster von Track 4 und 7, nur diesmal länger. Auch hier hört man wieder Haco (teils mehrstimmig), von multikulturellen akustischen Instrumenten begleitet und ohne Rhythmussektion. Der Track ist - nach dem hymnischen KA-NO-PU-SU-NO-HA-KO - ein hübscher, verspielter Ausklang dieses Albums.
Die auf der CD-Ausgabe von 2001 beigefügten 4 Remixe stellen kreative Verwurstungen eines oder mehrerer Tracks des Albums dar. Von den Mitteln moderner Digitaltechnik wird dabei reichlich Gebrauch gemacht. Am besten gefällt mir der Remix von Terre Thaemlitz (Track 11), der mir dem Anfang von Track 1 beginnt und dann den ersten vollen Gesangsakkord per Endlosschleife "einfriert", so dass Haco ca 1 ½ Minuten die Luft nicht auszugehen scheint! Dieser Endlosakkord wird durch digitales Krickelkrackel (wohl Bitcrushing oder Waveshaping) ein wenig verunreinigt!
Insgesamt ist Haco und After Dinner mit diesem Album ein wirklich großer Wurf gelungen. Verschiedene kulturelle Einflüsse verschmelzen zu einer aparten und geschmackvollen Mischung, die sowohl "ins Ohr geht" als auch die Bedürfnisse des Klangtüftlers befriedigt. Wiederum fragt man sich hier, warum After Dinner sowohl in traditionellen Prog- als auch in Rio/Avant-Kreisen so wenig bekannt ist. Auch hier mögen die - trotz englischsprachiger Songtitel - japanischsprachigen Vocals ein Popularitätshindernis darstellen, denn auch sich sehr fortschrittsfreundlich gebende Musikhörer könnten von "exotischen" Sprachen mitunter abgeschreckt werden. Schade, denn sie verpassen so ein großartiges Release, das den RIO-Meilensteinen etwa von Henry Cow den Art Bears oder Univers Zero ebenbürtig ist, aber auch manchen klassischen Proghörern (speziell von Gentle Giant) gefallen dürfte!
Anspieltipp(s): |
A Walnut; KA-NO-PU-SU-NO-HA-KO |
Vergleichbar mit: |
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Veröffentlicht am: |
22.3.2008 |
Letzte Änderung: |
17.3.2014 |
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Alle weiteren besprochenen Veröffentlichungen von After Dinner
Jahr |
Titel |
Ø-Wertung |
# Rezis |
1983 |
Editions |
10.00 |
1 |
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